Der genetische Fingerabdruck (Januar 2012) |
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Text: Silvia Benner
Fotos: Matthias Zimmermann
Dr. Harald Schneider, Leiter der DNA-Analytik des Hessischen Landeskriminalamtes, referierte an der Fürst-Johann-Ludwig-Schule in Hadamar (26.01.2012)
Ob in der Kriminalistik, bei Vaterschaftsanalysen oder zur Identifizierung von Opfern von (Natur-) Katastrophen - der genetische Fingerabdruck ist mittlerweile eines der wichtigsten Hilfsmittel. Insbesondere bei der Aufklärung von Verbrechen hat er die Arbeitsweise revolutioniert und kann damit zu Recht als „Meilenstein kriminalistischer Beweistechnik“ bezeichnet werden.
Im Rahmen des Genetik-Unterrichtes beschäftigten sich die Schülerinnen und Schüler der beiden Leistungskurse von Frau S. Benner und Herrn M. Zimmermann mit dem Thema „Genetischer Fingerabdruck“.
Ein Höhepunkt dieser Unterrichtsreihe war der Vortrag von Dr. Harald Schneider, Leiter der DNA-Analytik des Hessischen Landeskriminalamtes, zu dem alle interessierten Oberstufenschülerinnen und -schüler - insbesondere der Biologie-Grund- und Leistungskurse – sowie Kolleginnen und Kollegen sehr herzlich eingeladen waren.
Dr. Harald Schneider baute als promovierter Molekularbiologe seit Beginn der neunziger Jahre die DNA-Analyse-Abteilung des Hessischen Landeskriminalamtes auf und ist mittlerweile ein europaweit gefragter Experte auf diesem Gebiet. Er entwickelte ein Verfahren, mit dem es ihm und seinem Team gelingt, selbst winzigste DNA-Spuren aus Hautschuppen, Blutspuren oder Haarwurzeln zu isolieren, zu vermehren und zu analysieren.
So wurden er und seine Mitarbeiter Ende 2010 von den Ermittlern im Fall Mirco hinzugezogen, um die Kleidung des Jungen auf diese so genannten Mikrospuren zu untersuchen. Das Verschwinden des Jungen im September 2010 hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Dr. Schneider und seinen Mitarbeitern gelang es aus über zweitausend die entscheidenden fünfzehn (!) tatrelevanten Spuren zu isolieren und davon einen genetischen Fingerabdruck zu erstellen. Ein Vergleich mit Speichelproben von Personen, auf die das Täterprofil passte, führte die Ermittler schließlich zum Mörder von Mirco, der daraufhin ein umfassendes Geständnis ablegte.
Aber auch aktuell bei der Aufklärung der Identität der Opfer des verunglückten Kreuzfahrtschiffes „Costa Concordia“ war die Hilfe des Fachmannes gefragt.
Mit diesen Einblicken zu teilweise spektakulären Kriminalfällen, aber auch mit sehr anschaulichen Erläuterungen zu den fachlichen Hintergründen seiner Arbeit gelang es Dr. Schneider seine Zuhörer über neunzig Minuten zu fesseln. So räumte er unter anderem mit dem Vorurteil auf, dass man mittels genetischen Fingerabdrucks auf das Äußere oder gar Erbkrankheiten von Personen schließen könne. Tatsächlich werden für den genetischen Fingerabdruck nur Bereiche aus dem Erbgut des Menschen herangezogen, die nicht für Proteine codieren und damit auch keine Aussagen über Erscheinungsbild und Krankheiten erlauben, sondern als repetitive Sequenzen (Wiederholungseinheiten) sich von Individuum zu Individuum stark unterscheiden.
In der nachfolgenden Diskussion wurden auch heikle Themen wie die Ermittlungspannen im Fall des Heilbronner Polizistenmordes angesprochen: Die hier für Speichelproben eingesetzten Wattestäbchen waren zwar steril, aber nicht DNA-frei. So führten die von einer Mitarbeiterin der Herstellerfirma beim Drehen der Wattestäbchen abgeriebenen Hautschuppen die Polizei in Baden-Württemberg auf eine völlig falsche Fährte.
Nach der abschließenden Diskussion nahm sich Dr. Schneider noch Zeit für Gespräche mit Schülerinnen und Schülern in kleinerer Runde. Dies ist umso bemerkenswerter, da er für diese Schulvorträge einen Teil seiner Freizeit opfert. Aber gleichzeitig verrät es auch etwas sein Berufsverständnis: Einen Beruf, der wohl eher als Berufung zu bezeichnen ist, und von dem er selbst sagt, dass er sich nie fragen müsse, warum er diesen Job eigentlich macht.


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